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Interview mit Prof. Dr. Elmar Kriegler

Der europäische Green Deal und die Rolle der Kirche

Solarenergieanlage auf einem Acker
Solarenergieanlage auf einem Acker

Prof. Dr. Elmar Kriegler - Potsdam Institut für Klimafolgenforschung (Portraitfoto)Prof. Dr. Elmar Kriegler hat mehrfach zu den Berichten des Intergouvernemental Panel on Climate Change (IPCC) beigetragen und zählt zu den meist zitierten Wissenschaftlern der Welt.

Herr Prof. Dr. Kriegler, unsere Kirchengemeinden befinden sich zum Teil in Regionen, die stark vom Strukturwandel betroffen sind und die bereits einen einschneidenden Strukturwandel vor dreißig Jahren erlebt haben. Wie können Kirchengemeinden und Verantwortliche in Kirchen Entscheidungen treffen, die die Veränderung unserer Lebensweise im Hinblick auf den Klimawandel positiv beeinflussen?

Prof. Dr. Elmar Kriegler: Der Gebäudesektor ist ein wichtiges Thema, weil der Gebäudebestand so langlebig ist. Man kann nicht so schnell – und wir müssen sehr schnell sein – den bestehenden Gebäudebestand umstrukturieren und CO2-neutral machen. In dem Bereich gibt es vier Kategorien, auf die es ankommt. Die erste Frage ist: Wie nutze ich Energie im Gebäude?

Was sind hier die wichtigsten Faktoren?

Prof. Dr. Elmar Kriegler: Der größte Faktor ist hier zumeist die Gasheizung, in manchen älteren Gebäuden auch noch die Ölheizung. Da ist die Wärmepumpe ein entscheidendes Instrument, um hier eine Elektrifizierung dieses Teil der Gebäudeenergienutzung hinzubekommen. Bei den sonstigen Verbrauchern im Gebäude, Beleuchtung, Kühlschränken und anderen Geräten geht es heute bereits vor allem um Strom, da ist es sicherlich sinnvoll, sehr stark auf Energieeffizienz zu setzen, also möglichst wenig Strom möglichst effizient einzusetzen. Um auch die Heizung zu „verstromen“, ist die Wärmepumpe ein geeignetes Mittel, wenn sie machbar ist. Wärmepumpen sind vor allem sinnvoll, wenn man neu baut, weil man dann entsprechend isolieren kann, Fußbodenheizung ist von Vorteil und es gibt weitere Faktoren, die hier positiv wirken. Alte Gebäude mit Wärmepumpen auszustatten ist viel schwieriger, manchmal ist es auch nicht sinnvoll.

Was muss man neben der direkten Energienutzung bei Gebäuden noch im Blick haben?

Prof. Dr. Elmar Kriegler: Der zweite Bestandteil ist die Isolierung. Wenn man Wärme besser im Gebäude speichert (im Winter) hat dies auch Vorteile für den Sommer – Kälte wird dann besser im Haus gehalten. Die dritte Frage, die auch diskutiert wird: Welche Flächen haben wir? Können wir Flächen reduzieren?

Und was ist die letzte Kategorie?

Prof. Dr. Elmar Kriegler: Schließlich, wenn man an Baumaterialien denkt: Kann man eventuell CO2-speicherndes Baumaterial einsetzen? Holz ist natürlich ein Baustoff, in dem CO2 aus der Atmosphäre gespeichert ist. Der ehemalige Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, Prof. Dr. Hans Joachim Schellnhuber, hat in seinem Ruhestand ein Projekt gestartet, bei dem er die Holzbauten – auch größere Holzbauten sehr stark propagiert (Bauhaus Erde). Es gibt andere Optionen, eine davon ist Carbon-Beton. Statt Stahl werden hierbei Carbonfasern benutzt, um den Beton zu stabilisieren, was viele Vorteile mit sich bringt. Zum Beispiel korrodieren Carbonfasern im Unterschied zu Stahlelementen nicht. Zudem ist es leichter, man kann also die Bauteile schlanker gestalten. Probleme gibt es auch, beispielsweise wird es derzeit noch nicht industriell gefertigt und ist damit noch teurer. Ein Problem ist natürlich auch, dass Beton selbst CO2 emittiert. Ein weitergehender Vorschlag ist daher Carbon-Stein. Ich finde das sehr spannend, derzeit ist hier allerdings noch kein Produkt auf dem Markt.

Inwiefern sind auch Mobilität und der Transportsektor für Kirchen ein Feld, über das sie sich Gedanken machen sollten?

Prof. Dr. Elmar Kriegler: Transport wird in Deutschland heiß diskutiert. Ich nenne nur das Schlagwort „Technologieoffenheit gegenüber dem Verbrennungsmotor“. Unseren Einschätzungen nach ergeben E-Fuels und synthetische Kraftstoffe keinen Sinn im Individualverkehr und wahrscheinlich auch keinen im Lastverkehr.

Warum nicht?

Prof. Dr. Elmar Kriegler: Weil die Effizienzverluste viel zu hoch sind, diese zu erzeugen. Elektromotoren sind viel effizienter. Denn bei E-Fuels erzeuge ich zunächst „grünen“ Wasserstoff, indem ich erneuerbare Energien nutze. Danach muss ich das CO2 noch aus der Atmosphäre holen. Das bedeutet, dass es sehr viele Energieverluste gibt. Das ergibt nur Sinn, wenn ich die Mobilität nicht gut mit einem E-Motor und auch der Batteriespeicherung ersetzen kann. Also, im Flugverkehr zum Beispiel – hier glaube ich, dass synthetische Kraftstoffe eine wichtige Rolle spielen können. Wasserstoff ist hochexplosiv, daher ist es fraglich, ob Wasserstoff-Flugzeuge eine gute Idee sind. Auch bei der Schifffahrt können synthetische Kraftstoffe wichtig werden, hier denkt man zum Beispiel über Ammoniak-basierte Kraftstoffe nach.

Herr Prof. Dr. Kriegler, vielen Dank für dieses Gespräch.

Das Interview wurde von der Gruppe „EU-Projekte neu denken“ per Videokonferenz geführt.

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